Wegen seiner schädigenden Wirkung auf das Kind sollte Diazepam in der Schwangerschaft möglichst nicht eingesetzt werden. In diesem Artikel erfahren Sie, wo die Risiken liegen und welche Alternativen es gibt.
Hohe Risiken durch Diazepam in der Schwangerschaft
Diazepam ist ein Benzodiazepin. Es beruhigt, entspannt die Muskeln und wird zur Behandlung oder Vorbeugung von epileptischen Anfällen eingesetzt. Es geht von der Mutter über die Plazenta auf das Kind über. Dort erreicht es eine bis zu dreimal höhere Konzentration als im Blut der Mutter.
Je nach Schwangerschaftsstadium sind die Auswirkungen auf die Entwicklung des Fötus unterschiedlich. Ältere Studien berichteten von einem vermehrten Auftreten von Lippen-Kiefer-Gaumenspalten oder komplexeren Fehlbildungen, wenn Diazepam in den ersten drei Schwangerschaftsmonaten verabreicht wurde. Neuere Studien konnten dies nicht bestätigen.
Mit schwerwiegenden Problemen muss jedoch gerechnet werden, wenn Diazepam zwischen dem vierten und neunten Lebensmonat verabreicht wird. Der Übergang vom Leben im Mutterleib zum Leben ohne Nabelschnur kann zu Komplikationen führen, die die Entwicklung des Kindes nachhaltig stören. Manche Babys sind dann apathisch, viel zu ruhig, reagieren kaum auf äußere Reize oder trinken sehr langsam. Bei einigen verfärbt sich die Haut blau-rot, weil das Blut zu wenig Sauerstoff aufnimmt. Oft ist auch die Atmung verlangsamt oder es kommt zum so genannten „Floppy Infant Syndrom“ (von engl. floppy infant ‚schlaffes Kind‘), das mehrere Wochen andauern kann. Das Baby schreit nicht, wirkt kraftlos und schlaff.
Wie für die Mutter können die Entzugssymptome auch für das Kind sehr belastend sein. Dazu gehören zum Beispiel Krämpfe. Da Diazepam bei einem Baby viel langsamer abgebaut wird als bei einem Erwachsenen, ist damit zu rechnen, dass sich die Symptome erst nach längerer Zeit bessern.
Wenn die Mutter abhängig ist
Wenn die Mutter von Diazepam abhängig ist, bedeutet das für das Kind einen schwierigen Start ins Leben. Schätzungen zufolge sind in Deutschland etwa zwei Millionen Menschen von Benzodiazepinen abhängig, mehr als die Hälfte davon sind Frauen. Das Risiko, dass ein Baby eine abhängige Mutter hat, liegt bei etwa 1,5 Prozent.
Leider gibt es nur wenige Erfahrungen mit dem Absetzen während der Schwangerschaft. Ein abruptes Absetzen sollte auf jeden Fall vermieden werden. Die Dosis sollte schrittweise reduziert werden, um die Belastung so gering wie möglich zu halten. Da es auch niedrig dosierte Medikamente gibt (siehe z.B. Diazepam 10 mg, Diezapam 5 mg), ist das Absetzen mit ärztlicher Unterstützung und entsprechender Mitarbeit der Patientin durchaus machbar. Gelingt dies innerhalb der ersten drei Monate, stehen die Chancen für eine normale Entwicklung des Kindes gut. Darüber hinaus empfiehlt sich eine engmaschige gynäkologische Überwachung, um eventuellen Komplikationen rechtzeitig begegnen zu können.
Alternativen zu Diazepam in der Schwangerschaft
Für viele, aber nicht alle Anwendungsgebiete von Diazepam gibt es brauchbare Alternativen. In der antikonvulsiven Therapie, zum Beispiel bei Epilepsie, und als Prämedikation vor medizinischen Eingriffen sind Benzodiazepine bisher alternativlos.
Wird ein Beruhigungsmittel benötigt, kann in vielen Fällen auf Promethazin ausgewichen werden. Dieser Wirkstoff ist zwar plazentagängig, hat aber in über 3000 beobachteten Fällen keine negativen Auswirkungen auf den Schwangerschaftsverlauf gezeigt.
Bei psychotischen Erkrankungen ist Quetiapin oft eine brauchbare Option. Dieses Medikament führt zwar bei einigen Müttern zu Stoffwechselstörungen und einer starken Gewichtszunahme, scheint aber dem Kind nicht zu schaden.
Bei Schlafstörungen kann in der Schwangerschaft alternativ zu Diazepam das Antidepressivum Amitriptylin eingesetzt werden. Dieses Medikament hat zwar auch Auswirkungen auf den Fötus, diese sind jedoch weniger kritisch als bei Diazepam.
Quelle: Informationen zu Diazepam auf embryotox.de (ein Projekt der Charité Berlin)