StartBenzodiazepineAllgemeinBenzodiazepin-Abhängigkeit

Benzodiazepin-Abhängigkeit

Im Schatten der Volksdrogen Alkohol und Nikotin ist die Benzodiazepin-Abhängigkeit ein Thema, das in der Öffentlichkeit nur am Rande wahrgenommen wird. Dabei ist die Zahl der Betroffenen noch höher als beim Alkoholismus. Der unsachgemäße Gebrauch dieser Medikamente, der letztlich zur Abhängigkeit führen kann, ist vermutlich auch auf eine zu wenig engagierte Aufklärung der Patienten durch ihre Ärzte zurückzuführen.

Erschreckende Fallzahlen

Laut einer Studie, die 2015 im Ärzteblatt veröffentlicht wurde, beläuft sich die Zahl der Benzodiazepin-Abhängigen in Deutschland auf bis zu 1,6 Millionen. Damit sind diese Medikamente nach Nikotin das zweithäufigste Suchtmittel. Im Jahr 2013 wurden rund 230 Millionen Tagesdosen verschrieben. Davon entfiel etwa die Hälfte auf klassische Benzodiazepine wie Valium oder Rohypnol, der Rest auf Medikamente mit sehr ähnlicher Wirkung, die sogenannten Z-Drugs (meist Zopiclon und Zolpidem). Gerade bei letzteren wird das Risiko oft unterschätzt. In einer Umfrage gaben 80 Prozent der Ärzte an, sie hielten die „Z-Drugs“ für weniger gefährlich als Benzodiazepine. Eine Einschätzung, der die WHO seit langem widerspricht. Im Gegenteil: Zopiclon & Co. führen oft sogar schneller zur Abhängigkeit als etwa Valium.

Benzodiazepine gehören weltweit zu den am häufigsten verwendeten Medikamenten. In etwa einem Drittel der Fälle sind Schlafstörungen der Grund für die Einnahme, gefolgt von Angst und Panik, Überforderung und Erschöpfung. Ihr hoher Stellenwert hat einen Grund: Bei richtiger Anwendung sind sie gut verträglich, einfach zu dosieren und sehr zuverlässig. Nicht umsonst steht beispielsweise Diazepam (Valium) seit Jahren auf der WHO-Liste der unentbehrlichen Arzneimittel. Dennoch wird bei rund 18 Prozent der Patienten ein problematischer Gebrauch beobachtet, bei Senioren sogar bei jedem Fünften.

In vielen Fällen verordnen Ärzte diese Medikamente auf Wunsch des Patienten, meist auf Privatrezept. Da diese nicht in den Zuständigkeitsbereich der Krankenkassen fallen, bleiben problematische Verordnungen oft im Dunkeln. Auffällig im Gesamtbild ist dann nur die Anzahl der Kassenrezepte im Verhältnis zu den abgegebenen Mengen. Während heute nur noch halb so viele Packungen auf Kassenrezept verordnet werden wie vor zehn Jahren, haben sich die in den Apotheken verkauften Mengen kaum verändert.

Benzodiazepin-Abhängigkeit eindämmen

Um die Zahl der von einer Benzodiazepin-Abhängigkeit betroffenen Patienten zu reduzieren, setzt die Ärztekammer vor allem auf die Schulung und Aufklärung der Ärzte im Umgang mit diesen Medikamenten. Aber auch die Aufklärung der Patienten ist von großer Bedeutung. Vielen ist nicht bewusst, dass ein Medikament aus der Apotheke genauso schnell abhängig machen kann wie Heroin oder Speed. Erschwerend kommt hinzu, dass man mittlerweile auch auf dem Schwarzmarkt Medikamente wie Valium kaufen kann.

Quelle und weitere Informationen

C. Dietrich: Praxis mit Benzodiazepin-Kiosk. Doccheck, 19. Februar 2015

Vorheriger Artikel
Nächster Artikel

Weitere Artikel

KATEGORIEN