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Benzodiazepine mit Cannabinoiden absetzen?

Kanadische Wissenschaftler haben in einer Pilotstudie Hinweise darauf gesammelt, dass Cannabis helfen kann, den Gebrauch von Benzodiazepinen zu reduzieren. 45,2 % der Probanden konnten ihre Benzodiazepine mit Cannabinoiden innerhalb weniger Monate absetzen. Weitere Untersuchungen werden zeigen, ob diese Methode auch auf breiter Basis bei langjährig abhängigen Patienten angewendet werden kann.

Benzodiazepine: Licht und Schatten

Benzodiazepine sind eine Gruppe von Verbindungen, die wegen ihrer beruhigenden Wirkung vor allem zur Behandlung akuter Angstzustände und als Schlafmittel eingesetzt werden. Bei kurzfristiger Anwendung und niedriger Dosierung gelten sie als sicher und zuverlässig. Weltweit gehören sie zu den am häufigsten verschriebenen Medikamenten.

Doch mit der Dosis und der Dauer steigen auch die Risiken und Nebenwirkungen: Müdigkeit, Benommenheit, Schwindel, Gedächtnisverlust und emotionale Abstumpfung. Schon nach wenigen Wochen stellt sich zudem eine körperliche und psychische Abhängigkeit ein. Obwohl das „Ausschleichen“, also das langsame Reduzieren der Dosis, als Absetzmethode empfohlen wird, kommen viele Patienten nicht mehr davon los. Neue Ansätze zur Lösung dieses Problems sind daher immer willkommen.

Kohortenstudie mit 146 Teilnehmern

Ein Forscherteam um Chad Purcell (Dalhousie University) wollte wissen, ob sich Cannabinoide für diesen Zweck eignen. 146 Patienten wurden über mehrere Monate beobachtet. Die Probanden hatten zuvor unterschiedlich lange ein Benzodiazepin eingenommen. Außerdem hatten sie – unabhängig von der Studie – aus therapeutischen Gründen medizinisches Cannabis verschrieben bekommen.

Zwei Monate nach Beginn der Cannabis-Therapie nahmen 30,1 Prozent der Teilnehmer keine Benzodiazepine mehr ein. Nach vier Monaten waren es bereits 44,5 Prozent und nach sechs Monaten waren 45,2 Prozent der Patienten erfolgreich entwöhnt.

Benzodiazepine mit Cannabinoiden absetzen: weitere Forschung erforderlich

Lässt sich daraus ableiten, dass jeder Benzodiazepin-Abhängige einfach etwas Cannabis kaufen sollte, um von seiner Sucht loszukommen? So einfach ist es leider nicht. Ob auch langjährig Abhängige mit Cannabis ihre Sucht überwinden können, geht aus der Studie nicht hervor. Auch bleibt zu klären, welche Bedeutung die verschiedenen Cannabinoide (vor allem THC und CBD) in diesem Zusammenhang jeweils haben.

Ob die Methode für eine breite Anwendung geeignet ist, kann nur eine randomisierte, doppelblinde, kontrollierte Studie mit einer großen Anzahl von Teilnehmern zeigen. Die bisherigen Ergebnisse sind jedoch so ermutigend, dass weitere Untersuchungen nicht lange auf sich warten lassen werden.

Link zur Studie: https://doi.org/10.1089/can.2018.0020


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Eine Pilotstudie weist darauf hin, dass Benzodiazepine mit Cannabinoiden abgesetzt werden können.

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