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Demenzrisiko durch Benzodiazepine

Etwa 1,5 Millionen Deutsche nehmen regelmäßig und über einen längeren Zeitraum ein Medikament aus der Gruppe der Benzodiazepine ein. In den meisten Fällen handelt es sich um Präparate wie Diazepam (Valium), die rezeptfrei erhältlich sind. Die Patienten sind häufig ältere Menschen. Sie haben ein erhöhtes Risiko, an einer Demenz zu erkranken. Neuere Studien weisen darauf hin, dass Benzodiazepine das Demenzrisiko erhöhen können.

Wirkung und Nebenwirkungen

Sie versprechen schnelle Hilfe bei vielen Problemen. Ob schlechter Schlaf, Angst, Trauer, Panik, Krämpfe oder einfach nur Anspannung: Benzodiazepine, allen voran das weit verbreitete Diazepam, sollen Abhilfe schaffen. Doch was kurzfristig hilft, führt langfristig zu Problemen. Die Medikamente machen innerhalb weniger Wochen abhängig. Wer sie dann absetzen will, hat oft mit schweren Entzugserscheinungen zu kämpfen. Die Symptome reichen von Angst und Beklemmung über Halluzinationen bis hin zu Suizidgedanken.

Experten empfehlen, Benzodiazepine nur in der niedrigsten wirksamen Dosierung und nur für einen genau definierten Zeitraum von maximal 14 Tagen einzunehmen. Noch radikaler geht die amerikanische Initiative Public Citizen vor. Sie plädiert seit langem für einen generellen Verzicht auf diese Wirkstoffe. Neuere Studien scheinen die Position der Skeptiker zu stützen: Senioren, die eines der umstrittenen Medikamente einnehmen, erkranken deutlich häufiger an Demenz.

Demenzrisiko durch Benzodiazepine erhöht?

Lange Zeit wurde dem Verdacht, dass Valium & Co. die Entstehung von Demenz fördern könnten, wenig Beachtung geschenkt. Älteren Studien fehlte aufgrund methodischer Schwächen oder inkonsistenter Daten die Aussagekraft, doch im September 2012 brachte eine Veröffentlichung im British Medical Journal“ Licht ins Dunkel. Sie lieferte die bisher stärksten Hinweise darauf, dass es einen kausalen Zusammenhang zwischen Medikamenten und Demenz geben könnte.

Die Arbeit basiert auf der PAQUID-Kohortenstudie, die eine Gruppe von 3.777 Senioren über einen Zeitraum von zwei Jahrzehnten umfassend beobachtet hat. Das Team um Antoine Pariente (Université Victor Segalen de Bordeaux II) bildete für die Studie mehrere Untergruppen aus einer Auswahl von 1.063 Patienten beiderlei Geschlechts im Durchschnittsalter von 78,2 Jahren, die zu Beginn keine Symptome einer Demenz aufwiesen. 95 Probanden begannen während des Beobachtungszeitraums mit der Einnahme eines Benzodiazepins. Insgesamt erkrankten 253 Teilnehmer an einer Demenz. In der Benzodiazepin-Gruppe war der Anteil mit 32 % deutlich höher als in der Vergleichsgruppe (23 %).

Bei der Analyse der Daten schlossen die Wissenschaftler eine Reihe anderer Faktoren aus, die bei Demenz eine Rolle spielen, darunter Bildung, Alkoholkonsum, Diabetes und die Einnahme anderer Medikamente. Außerdem berücksichtigten sie, wann im Beobachtungszeitraum die ersten Symptome auftraten. Bei Patienten, die früh (im vierten oder fünften Lebensjahr) mit der Einnahme von Benzodiazepinen begonnen hatten, war die Häufigkeit um 60 % höher als in der Vergleichsgruppe. Der endgültige Beweis, dass Benzodiazepine das Demenzrisiko erhöhen, ist damit noch nicht erbracht, aber die Hinweise sind stark. Die Durchführung einer prospektiven Studie, in der den Teilnehmern Medikamente ohne therapeutische Indikation verabreicht werden, stößt an ethische Grenzen. Für die Forscher ist das Ergebnis jedoch ausreichend, um eine Neubewertung des Risikoprofils zu empfehlen.

Benzodiazepine in Deutschland

Derzeit erhalten in Deutschland ca. 1,5 Millionen Patienten ein Benzodiazepin auf Dauer auf Rezept, obwohl diese Medikamente für eine Langzeittherapie nicht zugelassen sind. Dies hat zur Folge, dass nach vorsichtigen Schätzungen etwa 1,2 Millionen Menschen von diesen Medikamenten abhängig sind. Hinzu kommt eine hohe Zahl von Menschen, die ihre Sucht auf dem Schwarzmarkt befriedigen. Wer zum Beispiel bei Google „Valium kaufen“ eingibt, findet schnell eine Vielzahl von Angeboten.

Quelle und weitere Informationen


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Rund 1,5 Millionen Deutsche – vor allem Senioren – nehmen regelmäßig Benzodiazepine

 

 

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